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Ein häufiges Thema von Frauen am Tonfeld ist, ihre Weiblichkeit zu leben. Viele haben den Zugang zu ihrer geschlechtlichen Identität ein Stückweit verloren, weil einfach die Lebenswelt viel zu funktional organisiert ist und sie eben auch mit Kindererziehung, Berufsfähigkeit, Haushaltsführung etc. über weite Strecken nur funktionieren müssen. Sie schaffen es häufig, sich darin gut einzufügen, aber es entspricht eben nicht ihrer geschlechtlichen Identität, die mehr mit Verbinden, Empfangen, Berührtsein, Bezogenheit, Einfühlung etc. zu tun hat, aber wenig mit Funktionalität und Faktizität. Daraus erwächst dann eine Diskrepanz zwischen dem, was sie leben, und der Fülle, die sie ahnen, aber eben nicht wissen, wie sie da herankommen können.

Manche Frauen überbrücken diese Diskrepanz, indem sie sich einen gewissen Schematismus zulegen, der ihnen viel Rahmen und Halt gibt, worin sie sich selbst in ihrer Weiblichkeit nicht mehr wiederfinden. manchmal auch Härte oder emotionalen Pragmatismus zueigen machen. In aller Regel fühlen sich Frauen nicht wohl darin. Funktionalität gibt Sicherheit, Klarheit, Ordnung, und oft sind Frauen heute besser organisiert als (die aus ihrem Kindsein manchmal noch nicht herausgewachsenen) Männer. Viel stärker aber ist bei Frauen die Ahnung und das Bedürfnis ausgebildet, dass unter der Oberfläche des Funktionalen eine tiefere Qualität von Bezogenheit und Verbundenheit, von Begegnung und Nähe liegt, zu der sie aber zum Teil den Zugang oder die Fraglosigkeit verloren haben. 

Im Tonfeld drückt sich das auf vielfache Weise aus. Manchmal wird das Material nach Kräften durchgearbeitet, geradezu verzweifelt, weil vom Material her zu wenig ‚Antwort‘ zurückkommt. Die Hände gehen bei aller Bemühtheit und aller eingesetzten Kraft quasi leer aus. Gesucht wird bei alledem eine innige Qualität von Berührung und Berührtsein jenseits des oberflächlichen Herumtastens und Drückens. 

Manchmal zeigt sich die Thematik in Basteleien, irgendwelchen winzigen Niedlichkeiten, die nicht das Maß der Hände erreichen. Auch hier kommt vom Material nichts zurück. Die Bastelein sind allein aus der Vorstellung heraus gebastelt, ohne dass sie etwas mit der Person zu tun hätten. Meist werden sie dann auch, da bedeutungslos, wieder zerstört. 

Genausogut kann aber auch sein, dass Tränen fließen, einfach weil diese gesuchte Qualität von Berührung und Gesehen-werden in der Berührung erfahren wird, ganz unverhofft, wo dann eine große Innigkeit und Stille eintritt und auf einmal klar wird, welche Qualität im Grunde immer gesucht worden ist, ohne jedoch von dieser unterschwelligen Suche wirklich gewusst zu haben. Häufig entstehen dann Schalen, weiche Übergänge, Landschaften, die viel Berührung erlauben. Wasser wird gern hinzugenommen. Mitunter wird die Berührung des Materials auch als erotisch erfahren und die wie zufällig aus der Bewegung heraus entstehenden Gestaltungen gewinnen auf einmal sexuelle Symbolkraft. Es entsteht ein Einsehen in Bildern wie auch in der Wahrnehmung, welches eine tiefe, heilende Kraft in sich birgt und auch nur in dieser Intensität erlebt und erfahren, aber nicht verbal ausgedrückt werden kann. Manchmal leuchtet darin plötzlich – nur für einen kurzen Augenblick – die ganze eigene Schönheit in der Weiblichkeit auf, und so kurz der Moment auch sein mag, verändert er oft viel. Es bleibt die Spur einer Erinnerung, jener Erfahrung, den Grund der geschlechtlichen Identität berührt zu haben, die fortan auf Dauer hineinragt in die gelebte Wirklichkeit. Was das ausmacht, lässt sich nicht sagen. Es ist bei jedem Menschen anders. Aber es macht einen bedeutenden Unterschied. 

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